Die Finger kribbeln, sind taub oder schmerzen, vor allem nachts? Das sind typische Symptome des Karpaltunnelsyndroms. Vor allem der Daumen, Zeige- und Mittelfinger sind betroffen. Dies raubt vielen Menschen den Schlaf. Die Symptome entstehen durch eine Einengung des Nervus medianus (Medianusnerv) im Handgelenk. Daher wird die Hand taub, oft begleitet von einem Gefühl des sogenannten „Ameisenlaufens“.
Warum Schmerzen nachts schlimmer sind
Das Gefühl entsteht aufgrund mehrere Faktoren, die dazu führen, dass sich die Symptome speziell nachts häufen und intensiver wahrgenommen werden:
- Niedriger Blutdruck und weniger Durchblutung im Schlaf
In der Nacht sinkt der arterielle Blutdruck im Rahmen des normalen Schlafrhythmus. Dadurch kann es passieren, dass der Druck innerhalb des Karpaltunnels den Druck in den Blutgefäßen des Nervs übersteigt. Daher ist die Durchblutung des Nervus medianus schlechter. Er wird quasi etwas „abgeklemmt“ und erhält weniger Sauerstoff. Somit schläft er sprichwörtlich ein und sorgt für nächtliche Missempfindungen. Ein weiterer Einflussfaktor ist:
- Flüssigkeitsansammlung und fehlende Bewegung
Im Schlaf bewegen wir Arme und Hände deutlich weniger. Die normale Muskelpumpe, die tagsüber Flüssigkeit aus den Gliedmaßen zurück in den Kreislauf befördert, fällt weg. In liegender Position kann Gewebsflüssigkeit zudem verstärkt in Hände und Handgelenke einsickern. Folglich kommt es zu einer Schwellung im Karpaltunnel und zusätzlich erhöhtem Druck auf den Medianusnerv. Studien zeigen, dass ohne aktive Bewegung das Gewebewasser den Karpaltunnel füllt und so den Nerv unter Druck setzt. Dadurch treten die Symptome oft gerade in Ruhephasen auf. Außerdem ist der Grund oft eine
- Ungünstige Handgelenkhaltung im Schlaf
Unsere Schlafposition trägt wesentlich zu nächtlichen Beschwerden bei. Viele Menschen schlafen in einer gebeugten Handgelenkshaltung, zum Beispiel in Seitenlage mit angewinkeltem Arm oder mit den Händen unter dem Kopfkissen. Eine solch starke Beugung (oder auch extreme Streckung) des Handgelenks erhöht den Tunnel-Druck massiv und reizt den Nerv. Schon eine Handgelenksbeugung um etwa 20 Grad kann die Nervenkompression messbar verstärken. Dies lässt sich auch diagnostisch nachweisen.

Der “Phalen-Test” bestätigt die Vermutung
Ein bekannter klinischer Provokationstest, der Phalen-Test, macht sich genau diesen Effekt zunutze: Hält man das Handgelenk maximal gebeugt, treten innerhalb von etwa einer Minute die typischen Kribbelgefühle und Taubheit im Medianus-Gebiet auf. Im Schlaf passiert Ähnliches, nur unbemerkt über Stunden. Ohne bewusste Kontrolle „kippt“ das Handgelenk in eine Beugestellung, begünstigt dadurch, dass die Beugemuskeln unserer Finger und der Hand oft stärker und dominanter sind als die Streckmuskeln.
In entspannter Schlafhaltung zieht diese Muskelspannung die Handgelenke aber unwillkürlich nach unten in Richtung Beugung. Folgenddessen komprimiert die geknickte Haltung den Nerv zusätzlich (ähnlich wie beim Phalen-Test) und lässt nachts Schmerzen und Taubheitsgefühle aufflammen.
„Ausschütteln bringt oft kurze Linderung“
All diese Ursachen führen dazu, dass viele Patienten mitten in der Nacht von Handschmerzen oder tauben Fingern geweckt werden. Die Hand fühlt sich steif oder kribbelig an, bis man sie instinktiv ausschüttelt oder die Lage ändert, was oft kurzfristig Linderung bringt. In der Medizin gibt es sogar den Ausdruck “Brachialgia nocturna” (nächtlicher Armschmerz) für das Karpaltunnelsyndrom, weil die nächtlichen Beschwerden so charakteristisch sind.
Mögliche Lösung: Handgelenksschiene in der Nacht und richtige Lagerung
Zur Linderung nächtlicher Beschwerden hat es sich bewährt, das Handgelenk über Nacht in neutraler Position zu halten. Im Anfangsstudium des Karpaltunnelsyndroms raten Ärzte aus diesem Grund auch oft zum Tragen einer Handgelenkschiene. Das wird auch “Splintierung” genannt. Eine solche Nachtschiene ist im Prinzip eine einfache Orthese oder Bandage, welche das Handgelenk ruhigstellt und ein unbewusstes Abknicken verhindert. Dieses bleibt somit gerade, wodurch der Druck auf den Medianusnerv deutlich sinkt.

Wichtig: Die Schiene ist kein “Wundermittel”, sie sorgt lediglich mechanisch für die richtige Haltung des Handgelenks.
Eine einfache Handgelenksschiene genügt in der Regel vollkommen. Es muss kein großes Gestell mit Fingerschiene sein. Meist handelt es sich um eine gepolsterte Schiene mit Klettverschlüssen und ggf. einer eingearbeiteten Metall-Schiene auf der Handflächenseite zur Stabilisierung. Die Finger und der Daumen bleiben dabei frei beweglich, nur das Handgelenk wird fixiert. Entscheidend ist, dass die Orthese das Handgelenk in Neutralstellung hält und ein Abknicken zuverlässig verhindert. Dies kann auch eine relativ leichte, kompakte Bandage leisten, wichtig ist nur, dass sie konsequent nachts getragen wird.
Tatsächlich berichten viele Betroffene über deutliche Erleichterung durch die Schiene. In Studien zeigte sich, dass Personen, die nachts eine Schiene trugen, häufiger eine Besserung ihrer Beschwerden angaben als vergleichbare Patienten ohne Schiene. Die Hand schläft so weniger oft ein, und Schmerzen oder nächtliches Aufwachen reduzieren sich.
Die Nachtschiene behandelt die Symptome, beseitigt aber nicht die Ursache
Die Schiene ist vor allem eine konservative Entlastungs-Maßnahme. Ein Arzt sollte in jedem Fall aufgesucht werden, wenn keine spürbare Verbesserung eintritt. In hartnäckigen oder fortgeschrittenen Fällen kann eine Operation des Karpaltunnels nötig werden, um den Nerv dauerhaft zu entlasten. Oft lassen die nächtlichen Beschwerden bereits in der ersten Nacht nach einer solchen Operation vollständig nach. Zusammenfassend lässt sich sagen:

Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich vieles verbessern
Wer in der Nacht durch Taubheitsgefühle in der Hand nicht schlafen kann, sollte folgendes wissen:
Fakt: Durch die Kombination aus reduziertem Blutfluss, Flüssigkeitsansammlungen und ungünstiger Handhaltung “schläft” der Medianusnerv nachts leicht ein, daher treten Schmerzen und Kribbeln auf.
Die gute Nachricht: Mit einfachen Mitteln lässt sich entgegenwirken. Eine Handgelenksschiene hält das Handgelenk gerade und verhindert das nächtliche Abknicken. Zusammen mit bewusster Schlafpositionierung (Arm nicht anwinkeln oder unter den Kopf klemmen, ggf. ein Kissen zur Unterstützung nutzen) kann dies oft bereits für ruhige Nächte sorgen. Dementsprechend kann eine Kombination aus beiden Maßnahmen helfen, die lästigen Nachtschmerzen zu minimieren und den Schlaf wieder erholsamer zu machen.
Bei persönlichen gesundheitlichen Fragen sollte stets auch ärztlicher Rat eingeholt werden.