Wenn die Finger kribbeln, die Hand taub wird oder Schmerzen in den Armen auftreten, ist die Ursache nicht immer sofort klar. Zwei häufige Diagnosen stehen oft im Raum: das Karpaltunnelsyndrom und ein Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule. Beide betreffen Nerven, beide können ähnliche Symptome verursachen, aber sie haben unterschiedliche Auslöser und verlaufen anders. Dieser Artikel hilft dir, die Beschwerden besser einzuordnen und gezielt zu unterscheiden.
Woher kommen die Beschwerden beim Karpalltunnelsyndrom?
Beim Karpaltunnelsyndrom wird der Medianusnerv im Handgelenk eingeengt. Das führt zu Kribbeln, Taubheit und Schmerzen, vor allem in Daumen, Zeige- und Mittelfinger. Der kleine Finger bleibt meist verschont. Die Beschwerden treten oft nachts oder morgens auf und können durch monotone Handbewegungen verstärkt werden.
Anatomisch gesehen ist der Karpalltunnel ein enger Durchgang an der Handwurzel (beugeseitig, also auf der Handinnenseite). Er wird gebildet durch unten (bodenwärts) die Handwurzelknochen (eine Art knöcherne Rinne) und oben (deckenwärts) das Retinaculum flexorum, ein kräftiges Band aus Bindegewebe. Innerhalb dieses engen Kanals verlaufen 9 Beugesehnen (für Finger- und Daumenbewegungen) und 1 Nerv, der Nervus medianus.
Der Nervus medianus zieht vom Unterarm durch den Karpaltunnel in die Hand. Er versorgt, in Bezug auf die Gefühlsempfindung, Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger und die innere Hälfte des Ringfingers. Motorisch versorgt er einige Daumenmuskeln (v. a. für das Abspreizen und Berühren anderer Finger) und die Beugemuskeln der Finger teilweise indirekt über seine Äste.
Wenn der Raum im Karpaltunnel zu eng wird, kommt es zu einem Druck auf den Nervus medianus.
Dadurch ist die Durchblutung im Nerv gestört, die feinen Blutgefäße (Vasa nervorum) werden komprimiert und erhalten weniger Sauerstoff. Flüssigkeit kann sich anstauen, was zu Schwellung und noch mehr Druck führt. Dadurch ist die Leitfähigkeit des Nervs massiv eingeschränkt und Missempfindungen und Muskelschwäche entstehen.

Woher kommen die Beschwerden beim Bandscheibenvorfall?
Ein Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule entsteht, wenn sich das weiche Gewebe einer Bandscheibe nach außen drückt und auf eine Nervenwurzel trifft. Diese Nervenwurzeln ziehen über die Schulter, den Arm bis in die Hand und versorgen Muskeln, Haut und Sinneswahrnehmungen (wie Schmerz, Temperatur und Berührung). Bei einem Bandscheibenvorfall (Prolaps) reißt der Faserring teilweise oder ganz und der weiche Kern tritt nach außen.
Dieser Bandscheibenkern kann auf eine Nervenwurzel drücken oder eine Entzündungsreaktion an dieser Stelle auslösen. Beides reizt den Nerv.
Warum der Schmerz in Arm und Hand ausstrahlt
Die Nervenwurzeln in der Halswirbelsäule sind wie „Kabel“, die Signale an bestimmte Körperregionen leiten.
Wenn also eine Wurzel gequetscht oder entzündet ist, empfindet das Gehirn den Schmerz dort, wo der Nerv normalerweise „hingehört“, also nicht im Nacken, sondern im Arm oder in der Hand. Das nennt man neuropathischen oder radikulären Schmerz.
Tipps zur praktischen Unterscheidung
1. Schmerzursprung beobachten Beginnt der Schmerz im Handgelenk und bleibt lokal? Dann spricht vieles für ein Karpaltunnelsyndrom. Strahlt der Schmerz vom Nacken aus in den Arm? Das deutet eher auf einen Bandscheibenvorfall hin.
2. Finger genau prüfen Kribbeln in Daumen, Zeige- und Mittelfinger, aber nicht im kleinen Finger? Typisch für das Karpaltunnelsyndrom. Ist auch der kleine Finger betroffen? Dann könnte eine Nervenwurzel im Halsbereich beteiligt sein.
3. Bewegung testen Verstärken sich die Beschwerden bei bestimmten Kopfbewegungen, etwa beim Drehen oder Neigen? Das spricht für einen Bandscheibenvorfall. Löst leichtes Klopfen auf die Innenseite des Handgelenks ein elektrisierendes Gefühl aus? Das ist ein Hinweis auf das Karpaltunnelsyndrom (Tinel-Zeichen).
4. Uhrzeit beachten Treten die Beschwerden vor allem nachts oder morgens auf? Das ist typisch für das Karpaltunnelsyndrom. Sind sie eher bewegungsabhängig und tagsüber stärker? Das passt eher zum Bandscheibenvorfall.

Wann solltest du zum Arzt?
Wenn die Beschwerden länger anhalten, sich verschlimmern oder die Beweglichkeit einschränken, solltest du unbedingt ärztlichen Rat einholen. Eine genaue Diagnose, z. B. durch Nervenleitmessung oder MRT und die Untersuchung der Halswirbelsäule und der Hand, ist entscheidend für die richtige Behandlung.
Fazit: Genaues Beobachten hilft
Karpaltunnelsyndrom und Bandscheibenvorfall können sich ähnlich anfühlen, aber mit etwas Aufmerksamkeit für den Schmerzverlauf, die betroffenen Finger und die Auslöser, kannst du sie gut unterscheiden. Je früher du die Ursache erkennst, desto besser lässt sich die passende Therapie finden. Die Abklärung beim Arzt ist essentiell. Wenn Du noch unsicher bist, schaue Dir diesen Beitrag an.